4. März 2021
Free Tibet, www.freetibet.org

Drei tibetische Teenager verhaftet und einer gefoltert, weil sie ihre WeChat-Gruppe nicht registrierten

Der Recherchepartner von Free Tibet, Tibet Watch, hat von der Verhaftung und Mißhandlung von drei tibetischen Teenagern Mitte Februar erfahren.

Am Abend des 17. Februars wurden drei tibetische Teenager, Kansi (ein Spitzname) und die beiden Studenten Dadul und Sangye Tso, von der Polizei in Kyegudo, Provinz Qinghai, verhaftet.

Nach seiner Festnahme wurde Dadul von der chinesischen Polizei schwer geschlagen und gefoltert, so daß er ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Seine beiden Beine sind infolge der schweren Schläge gebrochen und er wird derzeit in einem Krankenhaus in der Stadt Xining behandelt. Daduls Familie wurde von der Polizei vorgeladen und aufgefordert, mit nicht mehr als zwei Familienmitgliedern und 40.000 Yuan (etwa 6.000 US-Dollar) nach Xining in das Krankenhaus zu kommen, angeblich um eine Operation zu bezahlen. Der Familie wurde mit Konsequenzen gedroht, falls sie jemandem von der Angelegenheit erzähle.

Dadul mit gebrochenen Beinen

Derzeit gibt es keine Informationen über den Verbleib und den Zustand von Kansi und Sangye Tso.

Die drei Jugendlichen waren die Gründer einer WeChat-Gruppe mit dem Namen „Zari Karmoi Gongtsok“. WeChat ist eine Messaging-App, ähnlich wie WhatsApp, die in ganz Asien weit verbreitet ist. Die Gruppe wurde von den Teenagern vor Losar, dem tibetischen Neujahrsfest, ins Leben gerufen. Ihr Name bedeutet „Weißer Felsberg-Club“, eine Anspielung auf eine lokale buddhistische Gottheit. Die Gruppe umfaßt etwa 240 Mitglieder aus den drei tibetischen Regionen.

Obwohl kein offizieller Grund angegeben wurde, nimmt man an, daß die drei Jugendlichen verhaftet wurden, weil sie es versäumt hatten, die WeChat-Gruppe bei den lokalen Behörden registrieren zu lassen. Nach chinesischem Recht müssen alle Chat-Gruppen bei den lokalen Behörden registriert werden, so daß auch ein Beamter der Chat-Gruppe beitreten kann, um die Konversation zu überwachen.

„Diese jungen Menschen wurden brutal behandelt, weil sie ein Recht wahrgenommen haben, das die meisten von uns täglich als selbstverständlich ansehen. Jeder möge sich einmal vorstellen, daß er immerzu einen Regierungsbeamten zu seinen Chatgruppen einladen muß oder mit Gefängnis und gebrochenen Gliedmaßen zu rechnen hat“, sagte John Jones, Referent für Kampagnen und Advocacy bei Free Tibet.

„Während diese Nachricht und das damit verbundene schreckliche Bild, das die Menschen außerhalb Tibets erreicht, erschütternd ist, sind diese Aktionen der chinesischen Regierung in Tibet nichts Ungewöhnliches. Tibet ist seit den Protesten rund um die Olympischen Spiele in Peking 2008 von der Welt abgeschottet, was es fast unmöglich macht, daß Nachrichten wie diese sofort bekannt werden. Es sind Geschichten von politischen Gefangenen, die im Gefängnis oder kurz nach der Entlassung von langen Haftstrafen sterben, weil sie es gewagt haben, sich in irgendeiner Weise gegen ihre Unterdrücker zu äußern“, fügte Jones hinzu.
„Wir rufen eine jede Regierung auf der ganzen Welt auf, die [Kommunistische Partei Chinas] daran zu erinnern, daß wir das tibetische Volk nicht vergessen haben, so sehr sie auch versuchen mögen, ihre Greueltaten zu verbergen.“

WeChat steht im Mittelpunkt zahlreicher Vorfälle, bei denen chinesische Behörden mit Hilfe dieser App über die Jahre hinweg Tibeter verhaftet und verfolgt haben. In einem Bericht von Amnesty International aus dem Jahr 2016 über den Schutz der Privatsphäre von Nutzern erhielt Tencent, das Unternehmen, dem WeChat gehört, Null von 100 Punkten, weil es Anfragen der Regierung nach persönlichen Daten der Nutzer verbarg und keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Nachrichten einsetzte. Laut dem Tibet Action Institute wurden allein zwischen 2014 und 2019 mindestens 29 Tibeter in Verbindung mit ihren WeChat-Beiträgen verhaftet oder inhaftiert.